Schwedisch für Anfänger_innen
Wieso Schwedisch leicht zu lernen ist, Kallbäder jetzt keine Kallbäder mehr sind und natürlich das Neueste zu Corona
Välkommen, välkommen!
Ich freue mich, dass ihr da seid. Und hoffe, ihr verzeiht mir, dass ich euch duze, hier in Schweden wurde das „Sie“ bereits in den sechziger Jahren abgeschafft. Einige von euch kennen mich als Journalistin Regine Glaß aus Deutschland, andere von Instagram als @bookishgoesskandi und @stadtlandtexterin_media_mentor. Update: Es gibt nur noch einen Account namens @glassreginemedia. Vor etwa einem Jahr habe ich begonnen, die Plattform Instagram etwas intensiver zu nutzen, zunächst mit Bildern aus dem Alltag in Göteborg, später mit Mini-Blogbeiträgen, um neben dem intensiven Lernen der schwedischen Sprache meine eigene wieder zu finden.
Wie meine ich das und wie habe ich das angestellt?
Deutsch-Muttersprachler haben beim Schwedisch-Lernen einen großen Vorteil. Die schwedische Sprache ist der deutschen sehr ähnlich. Gemeinsam mit den anderen skandinavischen Sprachen Norwegisch, Isländisch, Dänisch, und Färöisch gehört sie zu den germanischen Sprachen. Es ist deshalb für Deutsche in der Regel ziemlich einfach, die schwedische Sprache zu erlernen. Viele Wörter ähneln deutschen und einige kommen durch den Einfluss deutscher Kaufleute und der Hanse direkt aus dem Deutschen. Die größten Herausforderungen, vor denen ich selbst zu lange zurückgeschreckt bin, sind die Aussprache und die „fehlende“ Grammatik, das „fehlende“ Genus. Sie fehlen natürlich nicht, aber es kann uns Deutschsprachigen mit unseren vier Fällen und “der, die, das” so vorkommen. Man muss den Blick von der deutschen Grammatik erstmal wieder verlernen und Schwedisch als eine Mischung aus Deutsch und Englisch denken. “Jag heter Regine och bor i Göteborg. Jag arbetar som journalist” - “My name is Regine and I live in Gothenburg. I work as a journalist”, “Ich bin Regine und wohne in Göteborg. Ich arbeite als Journalistin” - siehst du, was ich meine?
Zwar gibt es auf Schwedisch nur “en” und “ett” statt “der, die, das”, dafür haben die Schwed_innen uns bei den Pronomen etwas voraus: Seit 2015 hat das Wort “hen”, ein Pronomen für Menschen, die sich nicht als “er” oder “sie” (auf Schwedisch “han” und “hon”) bezeichnen wollen, den Weg in das Wörterbuch der schwedischen Akademie gefunden (ja, das ist die gleiche, die den Nobelpreis verleiht).
Und obwohl so viele Wörter von uns so leicht zu übersetzen sind, sind es nicht immer die, die wir in unserem aktiven deutschen Wortschatz in Deutschland verwenden. Durch den Spracherwerb und die intensive Beschäftigung mit Sprache habe ich auch an meiner Muttersprache wieder interessantere Seiten entdeckt. Und außerdem sehr cool: Dänisch und Norwegisch sind dem Schwedischen so nah verwandt, dass man sehr schnell auch diese beiden Sprachen lesen kann. Wenn du also denkst, Schwedisch zu lernen lohnt sich kaum, denk an den ganzen skandinavischen Sprachraum, der sich dir plötzlich erschließt!
Das Lernen bin ich dabei sehr intensiv und systematisch angegangen: Im staatlichen Kurs “SFI” (übersetzt: Schwedisch für Einwanderer) und anschließend “SVA 1, 2, 3” (Schwedisch als Zweitsprache, entspricht am Ende etwa C2 des europäischen Referenzrahmens) habe ich zunächst ein Konversationslevel und darauf folgend mit Artikeln und wissenschaftlichen Arbeiten auch ein hohes Niveau in der Schriftsprache entwickelt. Während der Pandemie fand der Großteil davon zuhause statt, erst mit Videolektionen, dann auf eigene Wahl hin im Selbststudium, denn ich habe mich nebenbei selbstständig gemacht.
Ich habe ein Buch (mit Poesie) veröffentlicht und bin als freie Journalistin, Autorin und Übersetzerin tätig. Aber die wahre Arbeit hat begonnen, als mein (schwedischer) Freund und ich unsere kleine Wohnung aufgrund des gemeinsamen Home-Offices im November 2020 zu Gunsten einer kleinen “stuga” ( = minimalistisches Ferienhaus auf dem Land) von Verwandten verlassen konnten. Den ganzen Corona-Winter verbrachten wir auf dem schwedischen Land. Dabei habe ich verstanden, was mein Freund gemeint hat, wenn er davon sprach, dass die schwedischen Großstädter „Schweden nicht kennen.“ Wie auch in Deutschland ist das Leben auf dem Land ganz anders als in der (Groß-)Stadt. Mit dem Unterschied, dass Schweden auf 450.295 km² nur 10 Millionen Einwohner hat und es dementsprechend nicht so viele Städte gibt. Damit einher geht eine spezielle, etwas distanzierte Mentalität, die für mich nicht immer einfach war und ist. Die Sprache lernt sich auch am besten, wenn man sie non-stop mit Muttersprachler_innen spricht. Da es im Wesentlichen nur die Familie meines Freundes, ihn und mich gab, hatte ich dazu ausreichend Gelegenheit und keine Ausweichsprache. Bengtsfors liegt sehr nah an der Grenze zu Norwegen, bis Oslo sind es nur 170 Kilometer. Wenn du mich also einmal Schwedisch sprechen hörst, wundere dich nicht über den norwegischen Einschlag! Dass ich Deutsche bin, hört man mir jedoch auch noch an.
Aber endlich verstand ich auch, was die Skandi-Fans in meiner neuen Internet-Community durch @bookishgoesskandi an dem Land im Norden finden. Nahezu unberührte Natur, schöne Traditionen, viel vom Leben findet draußen statt. Auf den ersten Blick ist die Work-Life-Balance eine ganz andere als in Deutschland – der Fokus liegt scheinbar auf dem guten Leben, weniger auf der Karriere. Frauen scheinen emanzipierter als in Deutschland – finanziell unabhängig, stylish, der Spagat zwischen Kind und Karriere scheint gelöst. Und schafft ganz andere Normen und Zwänge. Diese scheinbar perfekte Gesellschaft möchte ich mit Experten, Kulturgenuss und Tipps für euch alle zwei Wochen aufschlüsseln. Dazu gibt es:
Wichtige Nachrichten (natürlich im Moment vor allem zur Covid-19-Lage) aus Schweden
Aktueller Impfstand in Schweden am 28. Mai, vor Redaktionsschluss zuletzt belastbare Daten:
16, 6 Prozent mit zwei Dosen
44, 5 Prozent mit einer Dose
Insgesamt sind 3.640 423 Personen geimpft. Schweden hat etwa 10 Millionen Einwohner.
Aufgrund eines versuchten Datenhacks sind in der schwedischen Gesundheitsbehörde „Folkhälsomyndigheten“ erst am 3. Juni wieder aktuelle Zahlen zu Todesfällen und Fallzahlen verfügbar. Insgesamt fallen die im europäischen Vergleich sehr hohen Inzidenzzahlen auch langsam in Schweden: Im Durchschnitt waren es 176 Fälle pro 100 000 Einwohner in ganz Schweden, dabei variierten die Zahlen in den Regionen jedoch von 110 bis 402 Fällen pro
100 000 Einwohner. Die letzten verfügbaren Daten sind aus der Woche vom 17. bis 23. Mai, in der es 18 200 gemeldete Fälle von Covid-19 in Schweden gab. Das sind 30 Prozent weniger als in der Vorwoche. Die höchste Inzidenz fand sich dabei unter den zehn bis 19-Jährigen, also den Schülern, und den 40 bis 49-Jährigen.
Ab heute findet ein 5-Schritte-Plan zur Rückkehr zur Normalität statt. Ab Juni, Juli und September werden Stück für Stück die Aufenthaltsbeschränkungen für die Öffentlichkeit entfernt, mit der Prognose, dann wieder zur Normalität zurück kehren zu können.
Zum ersten Juni werden nun zunächst:
1. In Kinos, Theater und andere Veranstaltungen mit Sitzplätzen, die drinnen stattfinden, wieder 50 Personen zugelassen.
2. Auf Sport-, Kultur- und anderen Veranstaltungen außer Haus werden 100 Personen zugelassen.
3. Sportwettbewerbe sind mit bis zu 150 Personen möglich.
4. Die Regel, dass auf Flohmärkten nur acht Leute zugegen sein können, wird auch aufgehoben.
5. Vergnügungsparks wie Liseberg in Göteborg, Gröna Lund in Stockholm, Skara Sommarland (Skara in Västra Götaland) lassen eine Person pro 20 Quadratmeter zu.
6. Kneipen und Bars haben wieder bis 22.30 Uhr geöffnet.
7. Sommerlager und andere Aktivitäten für Kinder sind zugelassen.
8. Kleine Sportwettbewerbe drinnen und draußen sind zugelassen.
Ganz schön viele fallende Restriktionen bei relativ hohen Inzidenzzahlen? Ich halte euch auf dem Laufenden, was in den nächsten Wochen und Monaten passiert.
Was ihr mir in Deutschland nachmachen könnt
Als leidenschaftliche Schwimmerin habe ich während der Pandemie furchtbar Freibäder vermisst. Davon gibt es in Schweden jedoch ohnehin nicht besonders viele, denn es finden sich ja genug Seen. Also habe ich mit dem “Wild Swimming” und im Winter dem “Kallbad” angefangen. Baden in Minusgraden ist nicht jedermenschs Sache. Aber es ist auch nicht so schwer, wie es aussieht. Der Trick ist, wie beim Yoga in schwierigen Posen, einfach gleichmäßig weiter zu atmen, wenn die Kälte kommt. Echte, langjährig erprobte Kallbader sagen, dass die jetzigen Wassertemperaturen ideal sind, sich dem Bad im kalten Nass langsam anzunähern. Ich war vergangenes Wochenende im Meer bei Göteborg schwimmen, das war wirklich warm im Gegensatz zum See “Lelång” in Dalsland an Heiligabend wie auf diesem Bild:
Und was es leider nur in Schweden gibt
Schwedische Erdbeeren schmecken wegen der Erde ganz anders und extrem lecker. Immer wieder klagen deutsche Expats über den Preis. Sie sind mit vier bis sechs Euro pro halbem Kilo auch deutlich teurer als in Deutschland, aber diese Dekadenz gönn ich mir einmal im Jahr!