Wenn Sie diese Nachricht am Tag Ihres Erscheinens öffnen, dann herzlichen Glückwunsch! Heute ist Valentinstag, der in Schweden “Alla hjärtans dag” heißt.
Mein Handy wird dann von SMS überschüttet werden, in denen Firmen mir Herzchen schicken und mich dazu auffordern, anderen, Freund*innen oder mir selbst etwas Gutes zu gönnen. Wenn ich dazu die Mittel hätte, wäre meine Wahl: Genügend Wohnraum für uns alle! Eine offene Planlösung, wie sie in den meisten schwedischen Wohnungen üblich ist und ein kleines Schlafzimmer ist die Standardlösung. Was auf Instagram zwar schick aussieht, ist jedoch nur für das klassische Modell eines Paares zu geschnitten, das jede Minute zuhause miteinander verbringt.
Die meisten Menschen, die ich kenne, und die in Schweden geboren und aufgewachsen sind, ziehen bereits in ihrer ersten Paarbeziehung zusammen. WGs sind in schwedischen Großstädten weniger üblich als in deutschen, und eine Wohnung allein schwierig zu bekommen, es sei denn, mensch studiert noch. Weil ich weiß, dass mein Problem des Lebens, Arbeitens und Liebens auf 1, 5 Zimmern ein Luxusproblem ist, denn schließlich verfügen wir über einen heiß begehrten Mietvertrag in erster Hand, in einem Neubau, in keiner begehrten, aber einer relativ innerstädtischen Gegend, will ich mich auch gar nicht weiter beklagen, sondern stattdessen ein paar Erkenntnisse und Tipps aus Beziehung in Zeiten des Platzmangels zu geben.
Liebe trotz Platzmangel
1. Schaffen Sie sich einen kreativen Ort, an dem weder Arbeit, noch Beziehung stattfindet. Bei mir war das lange mein Nachttisch, mit einer schönen Lampe, Muscheln und Ketten neben meinen Büchern. Im Zuge des dritten Pandemiewinters sehnte ich mich allerdings nach Neuem, stellte den Balkonsessel ins Wohnzimmer, legte ein Fake-Schafffell drauf und stellte mir eine kleine Treppe als Tisch dazu. Ein Wohnzimmer im Wohnzimmer sozusagen.
2. Suchen Sie sich Routinen außerhalb der Wohnung. Ich weiß nicht, wie es Ihnen in den letzten drei Corona-Jahren zuhause so ergangen ist, aber vielleicht haben Sie sich hin und wieder einsam gefühlt? Unabhängig von der Pandemie kochen Menschen in Schweden im Winter gern ihr eigenes Süppchen. Mich brachte eine Routine aus Theater spielen, schwimmen gehen und regelmäßigen Online-Treffen mit anderen Freelancerinnen regelmäßig aus dem Wintertief in die Realität zurück.
3. Schaffen Sie sich Verabredungen außerhalb der Wohnung. Ich bin mit meinem Partner dieses Jahr zehn Jahre zusammen, sechs davon haben in einer Fernbeziehung stattgefunden. Corona hat uns dann 24/7 in eine Nahbeziehung katapultiert, weswegen irgendwann die Gefahr bestand, sich gegenseitig eher als Mitbewohnenende wahr zu nehmen. Nach besonders stressigen Wochen verabreden wir uns also mittlerweile an einem Ort, der mal nicht die eigene Wohnung ist.
Wie sähe denn mein idealer Wohnort aus? Als ich 15 Jahre alt war, überredete ich meine Eltern, nach Berlin für eine Schreibwerkstatt zu fahren. Ich hatte noch nie davon gehört, dass es so etwas gibt, bis ich einen kleinen Artikel darüber in einer Zeitschrift gelesen hatte. Eine Woche lang wohnten Menschen zwischen 15 und 25 in einer Jugendherberge und erhielten Schreibaufgaben, abends konnten wir auch zu anderen Texten Feedback von anderen erhalten. Es war für mich das erste Mal, dass ich Menschen traf, die beruflich schrieben, und andere in meinem Alter, die in ihrer Freizeit schrieben und sich erhofften, eines Tages vom Schreiben leben zu können.
Wir wohnten zu dritt in lichtdurchfluteten Zimmern, und trafen uns am Abend in einem Salon,um Texte zu besprechen. Insgesamt ist das wahrscheinlich immer noch die Utopie meines Zusammenlebens, aber mit einer Tür dazwischen, bitte. Bis ich diese verwirklicht habe, miete ich mir einen Flex-Platz in einem Co-Working-Space.
Zuletzt von mir erschienen:
Die Geschichte einer Flucht, einer großen Liebe und einer Vision:
https://www.deine-korrespondentin.de/erst-fliehen-dann-berichten/
Zuletzt konsumiert:
Ich habe mir eine Jahreskarte für das Museum der Weltkultur in Göteborg gekauft. Es gibt dort noch bis auf Weiteres die Daueraustellung “Korsvägen” (Crossroads/Kreuzung) zu sehen, die das Thema Kreuzungen unter den verschiedenen Aspekten Grenzen, Begegnungen, Erfindungen, Wendepunkten beleuchtet. Ich kann die Jahreskarte nur empfehlen, nicht nur wegen der Ausstellung, sondern auch weil seit Januar 2023 bereits eine Einzelkarte zu diesem Museum schon mehr als die Jahreskarte kostet. Der Erwerb berechtigt für 12 Monate neben dem Museum für Weltkultur in Göteborg auch zum Ethnografischen, dem Mittelmeermuseum, Ostaasiatischen Museum (jeweils in Stockholm).